Crossing Cultures – Building Bridges

| 25. Januar 2013 | 0 Kommentare

In diesem Post soll es um das tatsächliche “Ankommen” in Japan gehen. Wie fällt der Kulturschock aus bzw. was verursacht ihn? Was ist völlig fremd, was fühlt sich irgendwie vertraut an? Wie lebt man sich ein?

Machen wir es kurz und bündig: In Japan ist alles fremd. Egal ob es um das Einkaufen im Supermarkt, Zugfahren, Essgewohnheiten oder das Straßenbild geht – einfach alles ist völlig neu und ungewohnt. Für mich ist dieser Aufenthalt der erste Asienbesuch überhaupt und ich bin, glaube ich, froh, dass Japan als recht „westlich“ gilt. Denn auch so bin ich gerade die erste Woche nur völlig überwältigt durch die Straßen gelaufen. Alles war so aufregend. In Tokyo erblickt man überall Leuchtreklamen, riesige Fernseher an den Häuserfassaden, alles ist bunt und natürlich bahnen sich überall Menschenmassen ihre Wege. Spannend. Unbekannt. Damit muss man erst einmal warm werden. Viel kennt man ja aus dem Fernsehen, Internet etc. und oft denkt man auch „Ha, genau so habe ich es da und da auch gesehen!“ Trotzdem ist es etwas völlig anderes, wenn diese exotischen Dinge plötzlich zum Alltag werden. Werden sollen. Eine besondere Feuerprobe stellt dabei auch das Zugfahren dar – zu Stoßzeiten dichtest gedrängt, gelegentlich bekommt man geradezu Atemprobleme. Was auffällt: Plötzlich entwickeln Japaner eine ungeahnte Aggressivität! Ohne Witz, so nett sie sonst immer sind, wenn es um einen Platz im Zug geht, der ohnehin schon aus allen Nähten platzt, werden Ellenbogen eingesetzt und geschubst, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich frage mich, warum das Kollektiv, das sonst über alles gestellt wird, hier derart das Nachsehen hat.

Neben der Umgebung, die so völlig anders ist, stößt man auch auf neue Essgewohnheiten. Essen ist ein sehr wichtiges Thema für Japaner und wird entsprechend zelebriert. Na gut. Was dem Europäer vielleicht noch eher auffällt, sind der ungewohnt hohe Reiskonsum und die Esswerkzeuge – Freunde von mir gaben mir den dringenden Rat mit auf den Weg, ich solle nicht vergessen, dass es auch „richtiges Besteck“ gibt, und überreichten mir zur Untermauerung ein Messer-Gabel-Löffel-Set mit einer Schleife drum herum. 😉 Man will sich ja anpassen, schließlich ist man zu Gast in diesem Land. Aber als ich vor kurzem in einem Restaurant einen Salat mit Stäbchen serviert bekommen habe, war ich doch erstmal verwirrrt. Woran man sich auch gewöhnen muss, ist ein Frühstück, das aus Misosuppe, Reis und Derartigem besteht. (Mir ist diese Gewöhnung noch nicht gelungen und meine japanischen Mitbewohner müssen immer schon schmunzeln, wenn sie mich jeden Morgen aufs Neue mit Käsebrot und Kaffee sehen.) Insgesamt kommt man mit den Essgewohnheiten aber sicherlich gut klar, wird die japanische Küche doch allerorts gelobt. Wer allerdings wie ich Vegetarier ist (und bleiben möchte), wird auf eine etwas härtere Probe gestellt. 😉

…und als wäre das nicht genug, hört man plötzlich nur noch Japanisch, auf der Straße, im Fernsehen, und alles, wirklich alles, ist gepflastert mit hieroglyphenartigen Zeichen, denen Einheimische scheinbar einen Sinn zuschreiben können, die einen selbst aber oft ratlos stehen lassen.

Mittlerweile habe ich mich an die optischen Eindrücke größtenteils gewöhnt. Die Schule, die ich jeden Tag aufsuche, und auch mein guest house sind schon recht vertraut geworden. Ein gewisses Wohlsein entwickelt sich. Das liegt sicher auch daran, dass alltägliche Dinge wie Zug oder Bus fahren und der Gang zum Supermarkt langsam Routine werden.

Davon abgesehen, machen es einem die Japaner auch einigermaßen leicht: Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit, wo es nur geht. Generell stößt man hier auf einen Service, wie man ihn wahrscheinlich nicht in vielen Ländern erleben kann. Sagt man in Deutschland „Der Kunde ist König“, so heißt es hier „Okyakusama wa kamisama desu“ – der Kunde ist Gott. Und so verhalten sich die Angestellten auch. Da fühlt man sich doch gleich gut angenommen. Wenn man sich verirrt hat, sind die häufig anzutreffenden „kôban“ (kleine Polizeistationen) zu empfehlen. Auch an Bahnhöfen ist das Personal sehr um seine Kunden bemüht – man wird nicht von stöhnenden Mitarbeitern abgefertigt, sondern das Problem wird so lange (in einem Sprachenmix oder auch mit Händen und Füßen) erläutert, bis der Kunde zufrieden ist. (Ich will natürlich nicht alle deutschen Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich als griesgrämig abstempeln. Aber der Unterschied zum japanischen Service fällt einfach auf.) Nur wenn man Leute auf der Straße anspricht, muss man nicht unbedingt mit Unterstützung bei den eigenen Problemen rechnen – zumindest Tokyo ist sehr schnelllebig, Zeit ist Mangelware und entsprechend kann man diese nicht damit vergeuden, irgendwelchen Ausländern den Weg zu erklären oder sich mit ihrem abgebrochenen Japanisch abzumühen. Irgendwo auch verständlich.

In Reiseführern und im Internet steht oft, dass Japaner kein oder kaum Englisch sprechen bzw. verstehen. Bisher ist mein Eindruck, dass die meisten wohl wirklich Probleme mit der Sprache haben. Aber: Wenn man als Ausländer mit Englisch auf sie zukommt (gerade in Behörden oder bei anderen beruflichen Angelegenheiten), bemühen sie sich wahnsinnig. Ich glaube, für viele ist es anstrengend, aber sie sind sehr um Hilfe und eine gemeinsame Verständigung bemüht. Und einige sprechen es auch echt gut. 🙂

Das Heimweh kam/kommt in der ersten Zeit immer mal wieder. Ich persönlich darf nicht daran denken, dass in Deutschland irgendetwas Schlimmes passiert oder jemand meine Hilfe braucht und ich dann einfach nicht sofort da sein kann. Das ist für mich eigentlich die schlimmste Vorstellung, die sich aber meistens gut verdrängen lässt. Komisch finde ich auch, dass hier der Tag schon halb um ist, wenn die Lieben in Deutschland gerade anfangen aufzustehen.

Meine persönlichen „Brücken“ habe ich vorrangig im guest house gefunden, in dem ich wohne. Hier leben etwa zur Hälfte Japaner und zur Hälfte Ausländer. Zum einen habe ich hier nette Ansprechpartner gefunden, die einem die eigene Kultur erklären. Zum anderen gibt es Menschen, die irgendwann einmal genau das Gleiche durchgemacht haben, wie man es selber gerade erlebt. Kurzum: Irgendwo gibt es Leute, die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn man mal wieder völlig überfordert ist. (Und wenn es der Polizist ist, der einem den Kanji behafteten Stadtplan vorliest.)

Wann man sich tatsächlich eingelebt hat, kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich denke aber, ganz wichtig ist, sich dafür Zeit zu geben.

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Kategorie: Allgemein, Katharinas Reiseblog

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Kommentare (0)

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  1. Johannes sagt:

    Hallo Katharina,
    wirklich sehr interessant deinen Blog zu lesen! Ich werde ab März nun mein W&T Abenteuer in Fukuoka starten 🙂

    Deine Tipps Erlebnisse haben mir schon sehr weitergeholfen bei meiner Planung, vielen Dank dafür 🙂

    Gruß
    Johannes

  2. Martin sagt:

    Ich möchte gegen Oktober mein W&T-Abenteuer nach Tokyo starten.
    Da ich mich aber immer noch frage, wie so ein Sprachkurs zu finanzieren sein soll, bringe ich mir die Sprache eben selber bei.
    Da ich in meinem Fall keine Sprachschule und wahrscheinlich auch kein Guesthouse haben werde, frage ich mich wie das wohl so ist am Anfang, so völlig allein =)

    Weißt du zufällig, wie man sein Handy zum laufen bringen kann (Prepaid), oder wird einem da nichts angeboten?

    • Katharina sagt:

      Hallo,
      schön, dass es dich auch nach Tokyo zieht. Die Stadt ist wirklich Wahnsinn. 😉
      Du hast natürlich Recht, Sprachkurse sind schweineteuer. Bringen aber enorm viel, soweit ich das bisher beurteilen kann. Ich habe aber vor kurzem gehört, dass es Sprachunterricht gibt, der von Freiwilligen angeboten wird, das ist dann ein- oder zweimal in der Woche und kostet wenig oder sogar gar nichts. Wie das genau läuft und wo man so etwas findet, weiß ich aber nicht.
      Aber eine Unterkunft solltest du von Deutschland aus auf jeden Fall schon mal organisieren! Zumindest für die ersten Nächte. Glaub mir, wenn du in Japan ankommst, bist du erschlagen genug von den vielen Eindrücken und auch vom Flug – da ist man froh, wenn man erstmal ein „Ziel“ hat.
      Wie meinst du das mit dem Handy? Willst du dein deutsches hier nutzen? Also wenn du kein neueres iphone oder blackberry hast, kannst du dich von der Idee leider verabschieden. Mein Handy (aus 2011) funktionierte beim Umsteigen in Peking noch topp. Aber kaum in Japan angekommen, war es völlig tot, würde aber immerhin noch einen prima Wecker abgeben. Daher habe ich mir hier ein prepaid gekauft (Artikel folgt). Das wiederum funktioniert aber auch nur in Japan. Wenn du kannst, kontaktier am besten mal den Hersteller deines Handys, der wird dir sagen können, ob es in Japan funktioniert – mach dir aber keine allzu großen Hoffnungen. Einige meiner Mitschüler sind echt mit ganz neuen, teuren Smartphones hier und die können genauso viel wie mein deutsches Handy.

  3. Jens sagt:

    Schön zu hören, dass es dir dort drüben gut geht!

    Man liest ja nun doch oft von Leuten, welche versucht haben sich in Japan ein Leben aufzubauen, aber kläglich gescheitert sind. Unter anderem soll Ausländerfeindlichkeit ja ein Problem sein – davon kann ich in deinem Beitrag allerdings garnichts finden (noch hab ich damals auch nur ansatzweise etwas darüber von Julie gelesen).
    Wie siehst du das denn? Gibt es wirklich solche Japaner?

    Klar ist es schwer, sich richtig und komplett in die Gesellschaft zu integrieren, da letztendlich alles anders ist, kann mir aber nicht vorstellen, dass es unmöglich ist.

    Naja, viel Spaß in der Sprachschule 🙂

    • Katharina sagt:

      Hallo!
      Naja, ein komplett neues Leben möchte ich mir hier ja gar nicht aufbauen – irgendwann will ich wieder nach Deutschland zurück. 😉 Aber von Ausländerfeindlichkeit habe ich hier wirklich noch gar nichts mitgekriegt. Musste auch echt stutzen, als ich deinen Kommentar gelesen habe. Sind die Japaner so? Mir wäre das bisher zumindest noch nicht aufgefallen. Wie gesagt, im Supermarkt oder andere verhalten sich in ihrem Job mir gegenüber nicht anders als Japanern – und den Ausländer sieht man mir nun wirklich an. Anfangs hat mir ein älterer Japaner im Zug sogar seinen Platz anbieten wollen – ich glaube, ich sah total überfordert aus, und das war echt eine nette Geste und überhaupt nicht ausländerfeindlich. Ich habe sehr helle Haut und auch recht helle Haare, was dazu führt, dass ich öfter mal angestarrt werde. Besonders von kleinen Kindern. Aber das wirkte bisher eigentlich immer wie Neugierde auf mich und nicht wie Fremdenhass oder so.
      Ich werde das aber mal weiter beobachten und auch bei Mitschülern die Ohren offen halten. Wenn ich etwas in der Art mitkriege, berichte ich hier davon! 🙂

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