Karriere im Ausland: „Man sollte sich auf eine lange Suche einstellen“
Christian Heikaus ist Blogger auf www.wildlife-crossing.de und hat in der Vergangenheit einige Zeit in Japan gelebt. Nach Studium und Praktikum in Tokyo hat er sich zwar dagegen entschieden, dauerhaft in Japan zu bleiben. Ins Ausland ist er aber trotzdem wieder gegangen…
W&T Japan: Hallo Christian! Du bist in deinem Leben schon viel im Ausland herumgekommen und konntest dort sehr vielfältige Erfahrungen sammeln. Du hast auch über zwei Jahre in Japan verbracht. Wie kam es dazu und was hast du dort gemacht?
Christian: Hallo Katharina! Ja, das ist richtig. Ich habe Ostasienwissenschaften mit Schwerpunkt Japan studiert, weshalb es natürlich naheliegend war, nach Japan zu gehen. Regional- oder Sprachwissenschaften machen es vergleichsweise einfach für einen Teil des Studiums und danach ins Ausland zu gehen. Ich war die zwei Jahre aber nicht an einem Stück in Japan, sondern bin zwischenzeitlich immer mal wieder zurück nach Deutschland, um mein Studium fortzusetzen oder zu arbeiten. In Japan habe ich studiert und ein Praktikum bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer gemacht. Später bin ich wieder zurück, um dort meine Abschlussarbeit zu schreiben.
W&T Japan: Wie bist du darauf gekommen, Ostasienwissenschaften zu studieren? Das ist ja nicht der alltäglichste Studiengang.
Christian: Ich wollte unbedingt etwas mit internationaler Perspektive studieren, um später gute Chancen zu haben, im Ausland zu arbeiten. Ich habe mich also gezielt für die Regionalwissenschaften entschieden, weil die Studiengänge sozusagen zwangsläufig zu einer Tätigkeit mit internationalem Bezug führen.
W&T Japan: Das ist sicher ein interessantes Berufsfeld. Wie bewertest du konkret die Arbeitschancen für Ausländer in Japan? Was ist deiner Meinung nach wichtig, um im Land der aufgehenden Sonne beruflich Fuß zu fassen?
Christian: Es gibt sicherlich Länder, in denen es beruflich einfacher ist Fuß zu fassen, aber unmöglich ist es nicht. Die besten Chancen haben vermutlich Fachkräfte mit technischer Ausbildung, die Erfahrung im Verkauf haben. Japan ist für den produzierenden, deutschen Mittelstand neben China ein interessanter Auslandsmarkt. Um aber die enge Anbindung an das deutsche Mutterhaus nicht zu verlieren, entsenden die Unternehmen gerne deutsche Führungskräfte. Die sollten sich dann nach Möglichkeit mit den Produkten auskennen, verkaufen können und am besten auch noch Japanisch sprechen. Wer entsprechend qualifiziert ist, sollte keine großen Schwierigkeiten haben eine Stelle zu finden.
Direktbewerbungen in japanischen Unternehmen sind viel schwieriger. Es gibt zwar hin und wieder Einladungen zum Vorstellungsgespräch, weil die Unternehmen neugierig sind, bis zur Einstellung ist es aber ein schwieriger Weg.
Im IT Bereich ist es etwas einfacher, weil die Unternehmen meist etwas jünger und kleiner sind. Als Programmierer ist man auch ein bisschen weniger auf Interaktion angewiesen.
Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit als Sprachlehrer in Japan zu bleiben.
Was aber in jedem Fall wichtig ist, sind natürlich die Sprachkenntnisse.
W&T Japan: Und wann hast du angefangen, Japanisch zu lernen?
Christian: Mit meinem Studium. Also vor zehn Jahren.
W&T Japan: Dein Aufenthalt in Japan war wahrscheinlich nochmal eine Art Meilenstein im Lernprozess. Was hat dir mit der Sprache die größten Schwierigkeiten bereitet? Und was hat dir beim Lernen geholfen?
Christian: Ja, ein Japanaufenthalt gibt den Sprachkenntnissen nochmal einen richtigen Schub. Das ist das Wichtigste am Sprachen lernen, also ins Land zu reisen und dort gezwungen zu sein, die Sprache zu sprechen.
Ich fand es beim Lernen immer unglaublich nervig, alles nachschlagen zu müssen. Wenn ich in einem englischen Text ein Wort nicht kenne, kann ich einfach drüber lesen und es aus dem Zusammenhang erschließen. Im Japanischen muss ich das Wort aber nachschlagen, weil ich sonst oft nur raten kann, wie es ausgesprochen wird. Das bessert sich zwar, nachdem man die Lesung der Schriftzeichen besser beherrscht, aber im Allgemeinen braucht man wesentlich länger einen japanischen Text zu lesen, als einen englischen.
W&T Japan: Trotz entsprechendem Studium und vertieften Sprachkenntnissen hat es Dich aber letztlich nach Australien verschlagen. Wie kam es dazu?
Christian: Ich habe vor meinem Studium ein Working Holiday in Australien gemacht und es hat mir hier gut gefallen. Ich hatte immer die Idee im Hinterkopf irgendwann zurück nach Australien zu gehen und habe das dann irgendwann umgesetzt.
W&T Japan: Seit einiger Zeit berichtest du auf deinem Blog (www.wildlife-crossing.de) über das Leben und Arbeiten im Ausland. Gibst du uns einen kleinen Überblick der Themen, über die du bisher geschrieben hast?
Christian: Ich schreibe vor allem über die Stellensuche und Karriere im Ausland, ein bisschen übers Reisen und Lebensqualität. Es gibt einige Tipps zur englischen Bewerbung oder wie man an bestimmte Stellen im Ausland kommt.
W&T Japan: Würdest du sagen, dass die beruflichen Perspektiven bzw. das Leben in Japan oder auch Australien attraktiver sind als in Deutschland? Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied?
Christian: Ich glaube nicht, dass viele Menschen wegen besserer beruflicher Perspektiven nach Japan gehen. Im Einzelfall mag das zwar zutreffen: ein technischer Leiter im deutschen Mittelstand beispielsweise, dem eine Führungsposition im Management des japanischen Tochterunternehmens angeboten wird. Aber was kommt danach? Viele werden wohl nach einigen Jahren wieder ins deutsche Mutterhaus wechseln.
Australien dagegen hat wohl ähnliche Karrieremöglichkeiten wie Deutschland. Viele ziehen aber nicht aus Karrieregründen nach Australien, sondern weil sie sich eine höhere Lebensqualität versprechen. Besonders für junge Familien ist Australien attraktiv. Ein vergleichsweise gutes Schulsystem, etwas mehr Freizeit, viele Outdoor-Aktivitäten und natürlich das bessere Wetter spielen dabei eine große Rolle.
W&T Japan: Gibt es Empfehlungen, die du Interessierten an die Hand geben kannst?
Christian: Ich glaube, der wichtigste Tipp ist es, bei der Stellensuche im Ausland durchzuhalten und nicht zu früh aufzugeben. Ich habe fast ein Jahr lang gebraucht, bis ich aus Deutschland heraus eine Stelle in Australien gefunden habe. Wenn man die Möglichkeit hat, im Wunschland vor Ort zu suchen, sollte man das auch tun. Es ist wesentlich einfacher Vorstellungsgespräche persönlich zu führen, als mitten in der Nacht am Telefon oder über Skype. Wenn man aber noch in Deutschland an seinen Arbeitgeber gebunden ist, Kinder hat oder aus anderen Gründen nicht weg kann, sollte man sich auf eine längere Suche einstellen.
Ganz wichtig ist es auch, viel mit potenziellen Arbeitgebern zu telefonieren und auch mal kurz anzurufen, wenn eigentlich kein Gespräch geplant war. Das Telefon ist ja mitunter der einzige Weg beim Arbeitgeber Präsenz zu zeigen.
W&T Japan: Vielen Dank für diese wichtigen Hinweise und dass du dir die Zeit für dieses Gespräch genommen hast! 🙂
Christian: Ich habe zu danken.
Kategorie: Allgemein, Katharinas Reiseblog