Als Samurai unterwegs in Deutschland

| 11. November 2012 | 0 Kommentare

Wie versprochen, melde ich mich diese Woche zurück – und zwar ganz sportlich. 🙂

Wart ihr schon einmal als Aushilfs-Samurai unterwegs? Oder als mittelalterlicher Jedi? Nein? Dann lasst mich euch für ein paar Minuten ins Reich von Kote, Men und Do entführen. Die Rede ist von Kendo, dem japanischem Schwertkampf.

Kendo ist neben vielen anderen asiatischen Kampfsportarten schon lange in Deutschland vertreten. Ganz so wie bei den Samurai ist es natürlich nicht mehr. Zum Beispiel werden statt echter Schwerter solche aus Bambus verwendet, die sogenannten Shinai. Schließlich ist es vorteilhaft, wenn der Trainingspartner nicht nach jedem „Ji-Geiko“ (so nennt man den freien Kampf) ausgetauscht werden muss. Mit „last man standing“ ist also nicht so viel, was vielleicht den einen oder anderen Star Wars-Anhänger an dieser Stelle schon einmal desillusioniert. 😉

Aber jetzt mal von vorne – hier geht es doch um work & travel. Und überhaupt – wenn schon Sport, warum nicht Karate oder Judo? Das kennt man wenigstens!

Zum einen liegt das sicher daran, dass meine Erfahrungen mit Karate recht spärlich gesät sind und im Judo sogar gegen Null tendieren. 😉 Zum anderen wird beim Kendo sehr auf Tradition und Sitte geachtet, wodurch man viel über japanische Wertvorstellungen und Gepflogenheiten lernen kann.

„Kendo“ leitet sich von den Wörtern „Ken“ (das Schwert) und „Do“ (der Weg) ab. Kendoka gehen also den „Weg des Schwertes“. (Judo ist übrigens der sanfte Weg – warum ich mich für Kendo entschieden habe, sei den Hobbypsychologen überlassen.) Im 19. Jahrhundert trat Kendo das erste Mal in Japan auf, ausgeübt von den Samurai der Meiji-Zeit, und zählt heute zu den beliebtesten Sportarten in Japan und hat sogar im Schulsport Einzug gehalten. In den 1960er Jahren kam dieser herrliche Sport nach Deutschland. (Dieses Jahr fand übrigens die Weltmeisterschaft in Italien statt – gewonnen hat, wie könnte es anders sein, Japan. Aber auch die deutschen Frauen wurden platziert.)

Wie schon gesagt, wird beim Kendo ein Bambusschwert benutzt. Zusätzlich tragen alle Sportler, sobald man ein paar Grundlagen beherrscht, eine Rüstung (bogu). Ja, eine Rüstung. Sieht toll aus und lässt den Kampf einfach echter werden. Ausgeübt wird der Sport in alltäglichen Sporthallen, die kurzerhand Dojo genannt und mit entsprechendem Respekt behandelt werden (man verbeugt sich beim Betreten und Verlassen). Auch den Trainern begegnet man mit Respekt – schließlich haben sie einen enormen Wissens- und Erfahrungsvorsprung, welche sie bereit sind zu teilen. Verschiedene Schlagübungen mit dem Shinai sollen nicht nur auf den Kampf vorbereiten, sondern auch den Charakter stärken sowie moralische Stärke und Entschlossenheit fördern. Ich glaube, dass dies alles Eigenschaften sind, die Japaner sehr hoch schätzen. (Jeder, der schon mal japanische Serien gesehen hat, wird sich an häufig fallende Sätze wie „Ich gebe mein Bestes!“ erinnern.) Des Weiteren ist es eines der übergeordneten Kendo-Ziele, seinen Geist, seinen Körper und sein Schwert in Einklang zu bringen, das sogenannten „ki-ken-tai-ichi“. Der Geist wird durch lautes Schreien (kiai) verkörpert.

Mehrmals im Jahr veranstalten verschiedene Vereine Lehrgänge, oft mit ausländischen Trainern. Diese senseis kommen natürlich bevorzugt aus Japan. Und hier lernt man richtig viel – sportliche Kniffe, neue Leute kennen, aber vor allem auch etwas über die Hintergründe des Kendo. Ich glaube, wenn man die Einstellung japanischer Kendoka ((Selbst-) Disziplin etc.) zu verstehen beginnt, kann man auch etwas über Werte und Normen, vielleicht sogar Denkstrukturen, der Japaner lernen.

Für alle Interessierten, die sich das Ganze einmal in Aktion ansehen wollen, spendiere ich hier noch zwei Links: die Finalkämpfe der deutschen Meisterschaft dieses Jahres.

  • Herren: https://www.youtube.com/watch?v=W-pdIYsRNV8
  • Damen: https://www.youtube.com/watch?v=vW6Y_us07ns

Man sieht sehr schön, dass sich die Kontrahenten beim An- und Abgrüßen Respekt erweisen. Die Kampfrichter entscheiden, ob ein Punkt (ippon) tatsächlich ein Punkt war (wichtig: ki-ken-tai-itchi). Frauen sind beim Kendo übrigens einigermaßen unterrepräsentiert – lange gab es daher auch gemischt-geschlechtliche Nationalmannschaften. Aber diese Zeiten sind vorbei. 😉

Das waren jetzt viele subjektive Eindrücke, aber sicher kann man so auch ein bisschen Japan in Deutschland erleben. Wer Lust bekommen hat, dem empfehle ich, über google ein Dojo in seiner Nähe zu suchen und sich das Ganze mal live anzuschauen. Es wird ungewohnt, aber sicher mitreißend! 🙂

P.S.: In acht Wochen kann ich überprüfen, ob meine Vorstellungen bestätigt oder widerlegt werden. So oder so informiere ich euch darüber!

P.P.S.: Die anfangs erwähnten „Kote“, „Men“ und „Do“ sind übrigens Trefferflächen am Körper – Unterarm, Kopf und Seite. Es tut wirklich nicht weh! 😉

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Kategorie: Allgemein, Katharinas Reiseblog

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Kommentare (0)

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  1. Basil sagt:

    Hi Katie
    Ich habe Julies Blog voller Begeisterung gelesen. Es freut mich, dass du den Blog weiterführst:) Ich habe vor nächstes Jahre ein Ausstauschjahr in eine Japanische Schule zu machen und hoffe, dass bald wieder ein neuer Bericht kommt:D

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